Die Liquidation einer Gesellschaft in der Türkei stellt einen rechtlich zwingenden Schritt dar, der im Vorfeld der endgültigen Schließung eines Unternehmens vorgesehen ist. Ob es sich um eine türkische Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Ltd. Şti.) oder eine Aktiengesellschaft (A.Ş.) handelt – nach dem Auflösungsbeschluss bleibt die juristische Person weiterhin bestehen, ihr Tätigkeitsbereich beschränkt sich jedoch ausschließlich auf die Abwicklung (Liquidation). In dieser Phase trägt der Firmenname im Handelsregister den Zusatz „in Liquidation / Tasfiye Halinde“. Das Unternehmen befindet sich somit in einem Stadium, das ausschließlich der ordnungsgemäßen Abwicklung dient.
Der Prozess der Unternehmensauflösung in der Türkei umfasst mehrere klar geregelte Etappen: die Beendigung laufender Geschäfte, die Einziehung offener Forderungen, die Begleichung sämtlicher Verbindlichkeiten, die Verwertung des Gesellschaftsvermögens und schließlich die Ausschüttung des verbleibenden Restvermögens an die Gesellschafter. Erst wenn all diese Schritte vollzogen sind, wird die Gesellschaft endgültig aus dem Handelsregister gelöscht. Anders gesagt: Die Liquidation bildet eine unverzichtbare Übergangsphase zwischen Auflösung und endgültiger Löschung.
Für sowohl inländische als auch internationale Investoren, die ihre Gesellschaft in der Türkei schließen möchten, ist es entscheidend, das Verfahren im Einklang mit den Vorschriften des Türkischen Handelsgesetzbuches (TTK) zu durchlaufen. Andernfalls bleibt die Schließung unvollständig und die rechtlichen wie steuerlichen Verpflichtungen der Gesellschaft bestehen fort.
Gründe für die Auflösung Türkischer Gesellschaften
Nach dem türkischen Handelsgesetzbuch (TTK) werden Gesellschaften in der Regel auf unbestimmte Zeit gegründet. Gleichwohl gibt es Konstellationen, in denen die Auflösung und anschließende Liquidation unvermeidlich vorgesehen ist. Die wichtigsten Gründe für die Beendigung einer Gesellschaft lassen sich wie folgt zusammenfassen:
·
Auflösungsbeschluss
der Gesellschafter: Bei
einer türkischen GmbH (Ltd. Şti.) erfolgt die Auflösung durch qualifizierten
Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter. Bei einer türkischen Aktiengesellschaft
(A.Ş.) richtet sich der Beschluss nach den im TTK verankerten
Generalversammlungsquoren sowie den jeweiligen Satzungsbestimmungen. In der
Praxis stellt der Gesellschafterbeschluss den häufigsten Weg in die Liquidation
dar.
·
Ablauf
der Gründungsdauer: Wurde
eine Gesellschaft auf bestimmte Zeit gegründet, führt das Ende dieser Frist zur
Auflösung. Wird die Tätigkeit faktisch weitergeführt, gilt die Gesellschaft als
auf unbestimmte Zeit gegründet; kommt die Geschäftstätigkeit jedoch zum
Erliegen, tritt die Beendigung ein.
·
Zweckfortfall
oder -unmöglichkeit: Ist
der Unternehmenszweck erreicht oder dauerhaft nicht mehr durchführbar (z. B.
Abschluss eines Projekts oder Verbot der Tätigkeit), wird die Gesellschaft
aufgelöst.
·
Satzungsmäßige
Auflösungsgründe: Sind in
der Satzung besondere Gründe vorgesehen – etwa das Unterschreiten der
gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanzahl von Gesellschaftern – tritt die
Auflösung mit Eintritt dieser Bedingung ein.
·
Gerichtliche
Entscheidung: Wenn
Pflichtorgane der Gesellschaft über einen längeren Zeitraum nicht gebildet
werden oder die Generalversammlung nicht einberufen werden kann, kann das
Gericht zunächst eine Frist setzen und anschließend die Auflösung anordnen.
Auch schwerwiegende Streitigkeiten oder Gesetzesverstöße gelten als „wichtiger
Grund“ und können zur gerichtlichen Auflösung führen.
· Insolvenz: Eröffnet ein Gericht das Insolvenzverfahren, endet die Gesellschaft. Die Liquidation erfolgt in diesem Fall nach den Grundsätzen des türkischen Insolvenzrechts durch die Insolvenzverwaltung.
Tritt einer dieser Fälle ein, wird die Gesellschaft rechtlich aufgelöst und das Liquidationsverfahren eröffnet. Besonders im Fall der Gesellschafterentscheidung wird der Beschluss notariell beurkundet, im Handelsregister eingetragen und im Türkischen Handelsregisterblatt (Türkiye Ticaret Sicili Gazetesi) veröffentlicht. Ab diesem Zeitpunkt trägt die Firma den Zusatz „in Liquidation / Tasfiye Halinde“; operative Geschäfte enden, es folgt ausschließlich die Abwicklung.
Beschluss über die Liquidation und Eintragung ins Handelsregister
Damit eine Gesellschaft in der Türkei in die Liquidationsphase eintritt, ist zunächst ein Auflösungsbeschluss der Gesellschafterversammlung erforderlich. Nach dem Türkischen Handelsgesetzbuch (TTK) wird dieser Beschluss – sofern die Satzung keine strengeren Quoren vorsieht – mit qualifizierter Mehrheit gefasst. Damit der Beschluss Rechtswirkung entfaltet, erfolgt eine notarielle Beurkundung, anschließend die Eintragung beim zuständigen Handelsregister sowie die Veröffentlichung im Türkischen Handelsregisterblatt (Türkiye Ticaret Sicili Gazetesi). Erst durch diese Schritte wird die Liquidation der Öffentlichkeit offiziell bekanntgegeben.
Ab diesem Zeitpunkt bleibt die Gesellschaft zwar juristisch bestehen, wechselt jedoch in den Status „in Liquidation / Tasfiye Halinde“. Das bedeutet, dass keine neuen wirtschaftlichen Aktivitäten aufgenommen werden dürfen; erlaubt sind lediglich Maßnahmen zur Abwicklung laufender Geschäfte, Einziehung von Forderungen und Begleichung von Verbindlichkeiten. Auch wenn die bisherigen Organe – Geschäftsführer oder Verwaltungsrat – formal im Amt bleiben, beschränkt sich ihr Aufgabenbereich ausschließlich auf liquidationsbezogene Tätigkeiten. Der Gesetzgeber verfolgt damit das Ziel, die Gesellschaft in dieser Phase vor risikobehafteten Geschäften zu schützen.
Im Rahmen der Eintragung sind dem Handelsregister bestimmte Unterlagen
vorzulegen. Dazu gehören insbesondere das notariell beurkundete Exemplar des
Gesellschafterbeschlusses, die Teilnehmerliste (Hazirun-Liste) sowie das
Antragsformular. Heute wird das Verfahren über das MERSİS-System elektronisch
eingeleitet, wobei die erforderlichen Dokumente im Anschluss auch in physischer
Form beim Handelsregister eingereicht werden.
Bestellung und Rolle der Liquidatoren
Der erste Schritt im Rahmen der Liquidation einer türkischen Gesellschaft ist die Bestellung von Liquidatoren. In der Praxis erfolgt diese Entscheidung in der Regel bereits gemeinsam mit dem Auflösungsbeschluss durch die Gesellschafterversammlung. Wird keine ausdrückliche Bestellung vorgenommen, treten nach den Vorschriften des TTK automatisch die bisherigen Organmitglieder ein – bei einer türkischen GmbH (Ltd. Şti.) die Geschäftsführer, bei einer türkischen Aktiengesellschaft (A.Ş.) der Verwaltungsrat.
Die Zahl der Liquidatoren kann variieren; es können ein oder mehrere Personen bestellt werden. In der Praxis wird erwartet, dass mindestens ein Liquidator in der Türkei ansässig ist und über eine Zustelladresse verfügt, damit sämtliche amtlichen Verfahren ordnungsgemäß abgewickelt werden können. Auch Inhaber einer „Mavi Kart“ genießen weitgehend die gleichen Rechte wie türkische Staatsbürger und können daher als Liquidatoren eingesetzt werden.
Die Liquidatoren übernehmen die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft ausschließlich zum Zweck der Abwicklung. Zu ihren zentralen Aufgaben zählen:
·
Abwicklung
der laufenden Geschäfte
·
Einziehung
offener Forderungen
·
Begleichung
bestehender Verbindlichkeiten
·
Verwertung
der Gesellschaftsvermögenswerte (Immobilien, Maschinen, sonstige Aktiva)
· Ausschüttung des verbleibenden Restvermögens an die Gesellschafter
Die Bestellung und Abberufung der Liquidatoren fällt grundsätzlich in die Kompetenz der Gesellschafterversammlung. Bei Vorliegen wichtiger Gründe können jedoch auch Gesellschafter oder Gläubiger gerichtliche Schritte einleiten und eine Neubestellung beantragen.
Liquidatoren tragen eine persönliche Haftung, wenn sie gegen gesetzliche Pflichten oder satzungsmäßige Vorgaben verstoßen oder durch Fahrlässigkeit Schäden verursachen. Ihre Tätigkeit unterliegt daher einem hohen Maß an Sorgfalts- und Verantwortungspflicht, um die Interessen der Gesellschaft, der Gesellschafter und der Gläubiger zu wahren.
Pflichten der Gesellschaft Während der Liquidation
Auch während der Liquidation bleibt die juristische Person einer Gesellschaft in der Türkei bestehen. Ihr Tätigkeitsfeld beschränkt sich jedoch ausschließlich auf die ordnungsgemäße Abwicklung sämtlicher Vermögenswerte und Verbindlichkeiten. Ziel ist es, sämtliche Aktiva und Passiva transparent darzustellen und den Abwicklungsprozess rechtskonform zum Abschluss zu bringen.
1. Inventar und Eröffnungsbilanz
Nach Beginn ihrer Tätigkeit erstellen die Liquidatoren ein Inventar des gesamten Gesellschaftsvermögens sowie eine Eröffnungsbilanz. Alle Zahlungen und Forderungseingänge während der Liquidation werden fortlaufend erfasst. Am Ende des Prozesses wird eine Schlussbilanz vorgelegt, die von den Gesellschaftern genehmigt wird.
2. Information der Gläubiger
Sämtliche bekannten Gläubiger werden schriftlich benachrichtigt. Darüber hinaus erfolgen drei öffentliche Bekanntmachungen im Türkischen Handelsregisterblatt, wodurch auch unbekannte Gläubiger die Möglichkeit erhalten, ihre Ansprüche anzumelden.
3. Verwaltung von Forderungen und
Verbindlichkeiten
Die Liquidatoren sorgen für die Einziehung offener Forderungen und die
Erfüllung aller Zahlungsverpflichtungen:
·
Gehälter
und Abfindungen gegenüber Arbeitnehmern,
·
Steuer-
und Sozialversicherungsabgaben (SGK),
·
Verpflichtungen
aus Lieferungen und Leistungen.
Kann ein Gläubiger nicht erreicht werden, wird der entsprechende Betrag bei einer von den Behörden bestimmten Bank hinterlegt.
4. Streitige oder zukünftige Verbindlichkeiten
Während der Liquidation können auch noch nicht fällige oder gerichtlich anhängige Forderungen bestehen. Für solche Fälle legen die Liquidatoren Rückstellungen an oder sichern die Beträge anderweitig ab, um spätere Ansprüche abzudecken.
5. Verbot neuer Geschäftstätigkeiten
In der Liquidationsphase ist die Aufnahme neuer Geschäfte untersagt. Erlaubt sind ausschließlich Maßnahmen, die der Beendigung bestehender Verpflichtungen dienen. Werden darüber hinausgehende Geschäfte getätigt und sind Dritte sich dessen bewusst oder hätten es erkennen können, entfalten solche Rechtsgeschäfte keine Bindungswirkung für die Gesellschaft.
Erst nach Ablauf der gesetzlich vorgesehenen Fristen sowie nach vollständiger Erfüllung aller Verbindlichkeiten darf das verbleibende Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Beteiligung verteilt werden.
Abschluss der Liquidation und Löschung aus dem Handelsregister
Nachdem sämtliche Vermögenswerte verwertet, die Verbindlichkeiten beglichen und ein etwaiger Überschuss zur Verteilung bereitsteht, erstellen die Liquidatoren eine Schlussbilanz. Diese Bilanz weist nach, dass alle Aktiva und Passiva ordnungsgemäß abgewickelt wurden und die Liquidation rechtlich abgeschlossen ist.
Die Liquidatoren laden sodann die Gesellschafterversammlung ein, um die Bilanz sowie den endgültigen Abschluss der Liquidation zu genehmigen. Mit diesem Beschluss bestätigen die Gesellschafter, dass das Verfahren den gesetzlichen Vorgaben entsprach und die Gesellschaft beendet ist.
Anschließend wird der Beschluss notariell beurkundet, beim Handelsregister eingetragen und im Türkischen Handelsregisterblatt veröffentlicht. Mit dieser Eintragung wird die Gesellschaft rechtlich gelöscht, und der Zusatz „in Liquidation / Tasfiye Halinde“ entfällt endgültig. Die Veröffentlichung im Registerblatt macht die Beendigung der Gesellschaft auch gegenüber der Öffentlichkeit wirksam.
Die Löschung aus dem Handelsregister bedeutet jedoch nicht, dass alle Unterlagen vernichtet werden. Nach türkischem Recht sind die Handelsbücher und Liquidationsunterlagen zehn Jahre lang aufzubewahren. Die Gesellschafterversammlung bestimmt die verantwortliche Person, die diese Unterlagen verwahrt – in der Praxis häufig ein Liquidator oder das letzte Vorstandsmitglied. Erst nach Ablauf dieser Frist dürfen die Unterlagen vernichtet werden, sofern steuerliche oder andere Hindernisse nicht entgegenstehen.
Die Beendigung der Liquidation wird zudem den zuständigen Behörden, insbesondere dem Finanzamt und der Sozialversicherungsanstalt (SGK), mitgeteilt. Mit dieser Mitteilung endet die juristische Existenz der Gesellschaft vollständig.
Nachtragsliquidation und Rückkehr aus der Liqidation
Auch nach der Löschung können Umstände eintreten, die eine Nachtragsliquidation (TTK Art. 547) erforderlich machen. Dies ist etwa der Fall, wenn nachträglich bisher unbekannte Vermögenswerte auftauchen – beispielsweise ein vergessenes Bankkonto oder eine Immobilie, die noch im Grundbuch auf die Gesellschaft eingetragen ist. In solchen Fällen kann das Handelsgericht auf Antrag der Gesellschafter, Gläubiger oder Liquidatoren die Gesellschaft vorübergehend wieder ins Handelsregister eintragen, ausschließlich zum Zweck der zusätzlichen Abwicklung.
Darüber hinaus sieht das Gesetz in Art. 548 TTK die Möglichkeit der „Rückkehr aus der Liquidation“ vor. Wurde die Liquidation durch Gesellschafterbeschluss eingeleitet und sind noch keine Vermögenswerte an die Gesellschafter verteilt, kann die Generalversammlung mit einer qualifizierten Mehrheit beschließen, die Liquidation zu beenden und die Gesellschaft als aktives Unternehmen fortzuführen. Auch dieser Beschluss wird beim Handelsregister eingetragen und öffentlich bekanntgemacht.
UNSERE LEISTUNGEN – VURAL & DEMIR LAW AND CONSULTING
Ob türkische oder ausländische Gesellschafter – die Liquidation einer Gesellschaft verlangt ein hohes Maß an rechtlicher Präzision, Erfahrung und organisatorischer Koordination.
Wir begleiten Sie in allen Phasen:
· Juristische Beratung bereits vor der
Beschlussfassung,
· Erstellung und Einreichung sämtlicher
Unterlagen,
· Handelsregister- und
Publikationsverfahren,
· Übernahme des Liquidatorenamts,
· Kommunikation mit Gläubigern,
· Erfüllung aller steuerlichen und
sozialversicherungsrechtlichen Pflichten,
· Abschlussbilanz und endgültige Löschung im Handelsregister.
Für internationale Mandanten, die nicht persönlich
in der Türkei präsent sind, bieten wir eine umfassende Vertretung per
Vollmacht, die direkte Abwicklung mit Behörden und eine mehrsprachige
Kommunikation (Deutsch, Englisch, Türkisch).
Unser Ziel ist es, Ihr Liquidationsverfahren
schnell, rechtssicher und effizient zu gestalten – damit der
Unternehmensabschluss nicht zur Belastung, sondern zu einem planbaren Schritt
in Ihrer Geschäftsentwicklung wird.