LEITFADEN ZUR UNTERNEHMENSGRÜNDUNG IN DER TÜRKEI
Das türkische Gesellschaftsrecht weist in seiner Systematik und in der Terminologie zahlreiche Parallelen zu den bekannten deutschen Gesellschaftsformen auf. Bei näherer Betrachtung zeigen sich jedoch signifikante Unterschiede im Detail, insbesondere hinsichtlich Gründungsmodalitäten, Kapitalanforderungen und der Rolle öffentlicher Stellen im Verfahren.
Ausländische Investoren profitieren grundsätzlich von einem liberalisierten Gesellschaftsrecht: Kapitalgesellschaften stehen natürlichen und juristischen Personen ohne relevante Einschränkungen offen.
Für eine rechtssichere und zügige Marktetablierung empfiehlt sich eine fundierte Beratung im Vorfeld der Gründung – nicht nur im Hinblick auf die Wahl der geeigneten Gesellschaftsform, sondern auch hinsichtlich steuerlicher, arbeitsrechtlicher und praktischer Rahmenbedingungen. Ein verlässlicher Ansprechpartner mit lokaler Verankerung ist insbesondere dann unerlässlich, wenn die Gründung unmittelbar vor Ort erfolgen soll.
Vural & Demir Law and Consulting ist darauf spezialisiert, internationale Mandanten bei sämtlichen Schritten der Gesellschaftsgründung und Marktetablierung in der Türkei zu begleiten – mit juristischer Präzision, interkultureller Kompetenz und operativer Präsenz sowohl in der Türkei als auch in Europa. Unsere Beratung richtet sich insbesondere an deutschsprachige Investoren, die Wert auf transparente Abläufe, klare Haftungsstruktur und rechtliche Verlässlichkeit legen.
I.
AKTIENGESELLSCHAFT
(ANONIM ŞIRKETI; A.Ş.)
Die Aktiengesellschaft – im türkischen Recht als Anonim Şirket (A.Ş.) bezeichnet – ist eine Rechtsform, die vor allem dort zur Anwendung kommt, wo umfangreiche Kapitalinvestitionen, komplexe Gesellschafterstrukturen oder eine regulierte Geschäftstätigkeit vorgesehen sind. Viele Unternehmen mit internationaler Ausrichtung, insbesondere aus den Branchen Finanzen, Energie, Transport oder Industrie, entscheiden sich aus strategischen Gründen für diese Gesellschaftsform.
Ein häufiges Motiv für die Wahl der A.Ş. liegt in ihrer strukturellen Offenheit: Die Gesellschaft kann durch eine einzige natürliche oder juristische Person gegründet werden, ohne dass eine Höchstzahl für Aktionäre festgelegt ist. Dies erleichtert sowohl die Einbindung institutioneller Investoren als auch spätere Beteiligungserweiterungen.
Im Unterschied zur Gesellschaft mit beschränkter Haftung unterliegt die A.Ş. bestimmten kapitalbezogenen Schwellenwerten, die von ihrer Organisationsform abhängen. Gesellschaften mit einem sogenannten nicht registrierten Kapitalsystem müssen ein Mindestgrundkapital von 250.000 Türkischen Lira aufbringen. Bei Wahl des registrierten Kapitalsystems, das eine flexiblere Kapitalerhöhung durch den Verwaltungsrat ermöglicht, liegt die Schwelle bei mindestens 500.000 TL. In beiden Fällen gilt: Bei einer Bargründung ist ein Viertel des Kapitals vor Eintragung zu leisten, der Rest innerhalb von zwei Jahren.
Die internen Strukturen der A.Ş. sind gesetzlich stark formalisiert. Das zentrale Organ ist der Verwaltungsrat (Yönetim Kurulu), der die Gesellschaft vertritt und die strategische Leitung innehat. Er kann aus einer oder mehreren Personen bestehen – eine Mitgliedschaft im Aktionariat ist nicht erforderlich. Auch juristische Personen dürfen als Verwaltungsratsmitglieder agieren, haben jedoch eine vertretungsberechtigte natürliche Person zu benennen, die im Handelsregister einzutragen ist.
Im operativen Alltag können zusätzliche Personen mit Geschäftsführungsaufgaben betraut werden – etwa Direktoren oder Manager mit interner Weisungsbefugnis. Diese haften jedoch nicht nach außen für die Gesellschaft, sondern ausschließlich der A.Ş. intern.
Besondere Aufmerksamkeit verdient das Thema Haftung: Die Aktionäre tragen – abweichend von der Regelung bei der GmbH – keine persönliche Verantwortung für öffentliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Die Pflicht zur Haftung betrifft vielmehr den Verwaltungsrat, sofern dieser etwa steuerliche Verpflichtungen verletzt oder gegen gesetzliche Bestimmungen verstößt.
Die Satzung einer A.Ş. regelt neben klassischen Angaben wie Unternehmenssitz, Kapitalstruktur oder Gesellschaftszweck auch die Zusammensetzung des Verwaltungsrats, Gewinnverteilungsregeln sowie – soweit erforderlich – die Einrichtung einer Revisionsstelle. Letztere ist bei kleineren Gesellschaften nicht zwingend vorgeschrieben, aber bei Überschreiten gesetzlich definierter Größenmerkmale (z. B. Bilanzsumme, Umsatz oder Mitarbeiterzahl) verpflichtend. Die Revisionsstelle muss unabhängig sein und darf weder gesellschaftsrechtlich noch wirtschaftlich mit der AG verbunden sein.
Was die Kapitalmobilität betrifft, ist die A.Ş. deutlich flexibler als die GmbH: Aktien können formlos übertragen werden. Eine notarielle Beurkundung oder Eintragung im Handelsregister ist nicht erforderlich – ausreichend ist die Dokumentation im internen Aktienbuch. Das erleichtert Anteilstransaktionen, auch im internationalen Kontext.
Bestimmte Sonderformen – insbesondere Holdinggesellschaften – bedürfen einer gesonderten Genehmigung durch das türkische Handelsministerium. Je nach Ausgestaltung kann dabei auch eine Einlage durch die Übertragung von Beteiligungen an anderen Gesellschaften erfolgen.
Die Auflösung der Gesellschaft
erfolgt durch Gesellschafterbeschluss, gerichtliche Entscheidung oder durch
Insolvenz. Anders als bei der GmbH ist eine zeitlich befristete Existenz
gesetzlich nicht vorgesehen. Minderheitsaktionäre genießen ein gestärktes
Schutzregime: Unter bestimmten Voraussetzungen können sie Einblick in Unternehmensunterlagen
verlangen oder sogar die Auflösung gerichtlich beantragen, sofern
schwerwiegende Gründe vorliegen.
II.
GESELLSCHAFT MIT BESCHRÄNKTER HAFTUNG
(LIMITED ŞIRKET; Ltd. Şti.)
Für viele ausländische Investoren stellt die türkische GmbH – formal: Limited Şirket – die bevorzugte Rechtsform dar, wenn es um einen flexiblen und zugleich haftungsbegrenzten Markteintritt geht. Sie eignet sich sowohl für Einzelgründer als auch für kleinere Unternehmensgruppen mit klaren Beteiligungsverhältnissen.
Nach geltendem Recht kann eine türkische GmbH bereits durch eine einzelne Person gegründet werden. Die Gesellschafterzahl darf 50 nicht überschreiten. Sowohl natürliche als auch juristische Personen – mit oder ohne Wohnsitz in der Türkei – sind als Gesellschafter zugelassen.
Das erforderliche Stammkapital beträgt mindestens 50.000 Türkische Lira. Die Einlage muss nicht sofort vollständig erfolgen; sie kann innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren auf das Firmenkonto eingezahlt werden. Voraussetzung ist jedoch, dass sich der Gesellschafter verbindlich zur Einzahlung verpflichtet. Eine stufenweise Kapitalerhöhung ist unter bestimmten Bedingungen zulässig, setzt jedoch voraus, dass das ursprüngliche Kapital in voller Höhe eingebracht wurde. Zudem schreibt das Gesetz vor, dass jährlich Rücklagen gebildet werden müssen – in der Regel in Höhe von 20 % des Reingewinns.
Die Gründung erfordert eine detaillierte Satzung, in der u. a. Unternehmensgegenstand, Firmensitz, Laufzeit der Gesellschaft, Zusammensetzung des Kapitals, interne Zuständigkeiten sowie die Vertretungsbefugnisse der Geschäftsführung geregelt sind. Oftmals wird ein standardisierter Gesellschaftsvertrag verwendet, der jedoch an individuelle Bedürfnisse angepasst werden kann. Für Satzungsänderungen ist in der Regel eine qualifizierte Mehrheit von zwei Dritteln des vertretenen Stammkapitals erforderlich.
Ein oder mehrere Geschäftsführer sind verpflichtend zu bestellen. Dabei ist es gängige Praxis, dass zumindest einer der Gesellschafter mit umfassenden Geschäftsführungsrechten ausgestattet wird. Auch juristische Personen dürfen die Geschäftsführung übernehmen, müssen dann aber eine natürliche Person als rechtsverbindlichen Vertreter benennen, die im Handelsregister einzutragen ist. Eine Wohnsitzpflicht in der Türkei oder das Erfordernis der türkischen Staatsbürgerschaft bestehen für Geschäftsführer nicht.
Die Beschlussfassung innerhalb der Gesellschaft unterliegt strengen Formvorgaben: Gesellschafterentscheidungen müssen notariell beglaubigt werden. Dabei genügt es häufig, wenn die Unterschriften mit einem beim Notar hinterlegten Unterschriftenmuster übereinstimmen. Die formelle Anmeldung der Gesellschaft erfolgt über das zentrale elektronische MERSİS-System.
Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen ist grundsätzlich nur mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung möglich und bedarf der notariellen Beglaubigung. Erst nach Eintragung im Handelsregister entfaltet der Wechsel Rechtswirkung gegenüber Dritten.
Nicht alle unternehmerischen Tätigkeiten dürfen in der Form der GmbH ausgeübt werden. So ist etwa für die Gründung von Banken, Leasinggesellschaften und anderen regulierten Finanzdienstleistern zwingend die Rechtsform der Aktiengesellschaft vorgeschrieben. Für Versicherungsunternehmen hingegen wurde die frühere AG-Pflicht zwischenzeitlich aufgehoben.
Gesellschaften, die bestimmte Größenmerkmale
überschreiten, unterliegen der Pflicht zur Bestellung eines unabhängigen
Abschlussprüfers. Für kleine und mittlere Unternehmen ist diese Regelung in der
Regel nicht einschlägig.
Die GmbH kann auf bestimmte Zeit errichtet oder unbefristet gegründet werden. Sie endet durch gerichtlichen Beschluss, freiwillige Liquidation oder Insolvenz. Im Liquidationsfall übernehmen in der Regel die bisherigen Geschäftsführer die Abwicklung, sofern keine andere Regelung getroffen wurde.
III. PERSONENGESELLSCHAFTEN
Auch wenn das türkische Recht verschiedene Formen der Personengesellschaft kennt, sind sie für ausländische Unternehmer in der Praxis nur eingeschränkt relevant. Die zentrale Hürde: Alle Gesellschafter müssen über einen nachweisbaren Aufenthaltstitel in der Türkei verfügen, was eine flexible Nutzung dieser Strukturen erschwert.
Die in Deutschland geläufige offene Handelsgesellschaft (OHG) findet ihr funktionales Gegenstück in der türkischen Kollektivgesellschaft. Die unbeschränkte persönliche Haftung sämtlicher Gesellschafter macht diese Form jedoch auch im Inland wenig attraktiv.
Die klassische Kommanditgesellschaft existiert ebenfalls im türkischen Recht. Anders als in Deutschland muss der haftende Gesellschafter hier zwingend eine natürliche Person sein – juristische Personen sind ausgeschlossen. Daher lassen sich etablierte Modelle wie die GmbH & Co. KG nicht übertragen.
Eine selten genutzte Mischform stellt die Kommanditgesellschaft mit aktienähnlicher Beteiligungsstruktur dar. Sie bewegt sich rechtlich an der Schnittstelle zwischen Personen- und Kapitalgesellschaft, spielt jedoch in der Unternehmenspraxis eine untergeordnete Rolle.
IV. BEENDIGUNG DER KAPITALGESELLSCHAFT
· INSOLVENZ UND GERICHTLICHE AUFLÖSUNG
In der Praxis ist die Zahlungsunfähigkeit der häufigste Anlass für das unfreiwillige Ende einer Gesellschaft. Wird ein Insolvenzverfahren eröffnet – sei es auf Antrag der Gläubiger oder der Gesellschaft selbst –, beginnt ein gesetzlich geregelter Abwicklungsprozess. Die Unternehmensleitung kann während des Verfahrens eingeschränkt fortbestehen, sofern ein gerichtlicher Vollstreckungsschutz zwecks Sanierung gewährt wird. Andernfalls übernimmt ein gerichtlich bestellter Verwalter die Abwicklung.
Auch außerhalb insolvenzrechtlicher Verfahren kann ein Gericht die Auflösung anordnen – etwa auf Antrag einer qualifizierten Minderheit oder bei schwerwiegenden Satzungsverstößen. Besonders bei tiefgreifenden Gesellschafterkonflikten oder faktischer Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft kommt diese Möglichkeit in Betracht.
· FREIWILLIGE BEENDIGUNG DURCH GESELLSCHAFTERBESCHLUSS
Unabhängig von einer wirtschaftlichen Schieflage können die Gesellschafter jederzeit beschließen, die Gesellschaft zu beenden. Für diesen Beschluss ist regelmäßig Einstimmigkeit oder eine satzungsgemäß qualifizierte Mehrheit erforderlich. In der Folge wird ein Abwicklungsverfahren eingeleitet, in dessen Verlauf ein oder mehrere Liquidatoren bestellt werden.
Diese haben insbesondere die Aufgabe, die Gesellschaftsverhältnisse zu ordnen: bestehende Verträge abzuwickeln, Forderungen einzuziehen, Verbindlichkeiten zu begleichen und das verbleibende Vermögen auszuschütten. Erst wenn sämtliche Verpflichtungen erfüllt und potenzielle Außenstände bereinigt sind, kann der Antrag auf Löschung im Handelsregister gestellt werden. Die gesetzlich vorgeschriebene Mindestdauer der Liquidationsphase beträgt sechs Monate – maßgeblich ist hierbei unter anderem die Frist zur Anmeldung etwaiger Gläubigerforderungen.
· AUSSCHEIDEN EINZELNER GESELLSCHAFTER
Das Ausscheiden eines oder mehrerer Gesellschafter führt nicht automatisch zur Beendigung der Gesellschaft. Im Gegenteil: Das türkische Recht setzt hier hohe Hürden. Ein einseitiger Austritt ist nur in Ausnahmefällen möglich – insbesondere dann, wenn schwerwiegende Gründe vorliegen, etwa eine nachhaltige Störung der Geschäftsgrundlage oder der Verstoß gegen wesentliche Gesellschafterpflichten.
Mangels gesetzlicher Austrittsregelung bleibt in solchen Fällen oft nur der Weg über eine gerichtliche Klage auf Ausscheiden. Um langwierige Prozesse zu vermeiden, empfiehlt sich daher bereits bei Gründung der Gesellschaft eine klare Regelung zum internen Ausscheidungsverfahren im Gesellschaftsvertrag – einschließlich Bewertungsmechanismus, Abfindungsmodalitäten und Übergangsregelungen.
V. GRÜNDUNG UND GRÜNDUNGSKOSTEN
Der Entschluss, in der Türkei eine Kapitalgesellschaft zu errichten, erfordert nicht nur eine rechtliche Analyse der passenden Gesellschaftsform, sondern auch ein klares Verständnis für die formellen Abläufe und den finanziellen Aufwand. Gerade aus Sicht ausländischer Gründer stellen sich regelmäßig Fragen zur Vertretung, zur Anerkennung ausländischer Dokumente und zum Umfang der zu erwartenden Gründungskosten.
1. RECHTLICHER RAHMEN UND FORMALE ANFORDERUNGEN
Kapitalgesellschaften werden in der Türkei ausschließlich über das zentrale Unternehmensregistersystem (MERSİS) angemeldet, das seit einigen Jahren die Eintragungsvorgänge vollständig digital verwaltet. Die Satzung sowie die notwendigen Anmeldungen werden elektronisch vorbereitet und anschließend beim zuständigen Handelsregister eingereicht.
Internationale Gründer können sich bei diesem Verfahren durch bevollmächtigte Dritte vertreten lassen. Wichtig ist hierbei die rechtssichere Erstellung eines Unterschriftenzirkulars, das entweder direkt in der Türkei vor dem Registerbeamten oder im Ausland – etwa bei einem türkischen Konsulat oder einem lokalen Notar – abgegeben werden kann. In letzterem Fall ist zwingend eine Apostille erforderlich, um die Urkunde in der Türkei anerkennungsfähig zu machen.
Das Verfahren selbst ist in aller Regel zügig durchführbar, sofern alle Unterlagen vollständig vorbereitet sind und die Dokumente formgerecht vorliegen. Bereits im Vorfeld sollte jedoch ein funktionsfähiges Geschäftslokal nachgewiesen werden, da die Steuerbehörden dies im Zuge der Ersteintragung überprüfen.
2. ZEITLICHER ABLAUF IN DER PRAXIS
Die praktische Durchführung einer Gründung dauert – bei guter Vorbereitung – selten länger als zwei bis drei Wochen. Verzögerungen entstehen regelmäßig durch:
·
unvollständige oder fehlerhaft übersetzte Vollmachten,
·
Probleme bei der Anerkennung ausländischer Dokumente
(insbesondere bei fehlender Apostille),
·
fehlende türkische Steueridentifikationsnummern für die
Gesellschafter oder Geschäftsführer,
· und operative Hindernisse bei der Kontoeröffnung oder der Nachweisführung zum Gesellschaftssitz.
Diese Punkte sollten bereits im Vorfeld durch eine sorgfältige Planung und rechtliche Begleitung abgefangen werden.
3. TYPISCHE KOSTEN UND GEBÜHREN
Die Kosten einer Gesellschaftsgründung ergeben sich aus verschiedenen Positionen, die je nach Umfang und Komplexität des Vorhabens variieren können. Zu den typischen Aufwendungen zählen insbesondere:
·
Gebühren für die Handelsregistereintragung sowie die
Veröffentlichung gesetzlich vorgeschriebener Bekanntmachungen,
·
Kosten für die Übersetzung und Beglaubigung ausländischer
Unterlagen,
· Honorare für die rechtliche oder organisatorische Gründungsbegleitung – häufig abhängig vom vorgesehenen Stammkapital und dem gewünschten Leistungsumfang,
sowie gegebenenfalls Ausgaben für die Stellung eines Geschäftsführers, eines bevollmächtigten Vertreters oder für die Bereitstellung eines Geschäftssitzes in der Türkei.
Insgesamt ist – unter Berücksichtigung aller erforderlichen Schritte und formellen Anforderungen – mit einem mittleren bis höheren vierstelligen Betrag zu rechnen. Der Aufwand kann sich insbesondere dann erhöhen, wenn maßgeschneiderte Satzungsregelungen gewünscht werden oder komplexe gesellschaftsrechtliche Strukturen (z. B. Holding-Konstruktionen, Sachgründungen) zur Anwendung kommen.
Wichtig zu wissen ist, dass die im Zuge der Gründung entstehenden Kosten in der Regel der Gesellschaft selbst zugeordnet werden können. Voraussetzung hierfür ist, dass die Auslagen nachvollziehbar dokumentiert und im Gesellschaftsinteresse erfolgt sind.
4. FAZIT: PLANUNG IST ENTSCHEIDEND
Obwohl die formalen Voraussetzungen für eine Unternehmensgründung in der Türkei im internationalen Vergleich als pragmatisch gelten, erfordert insbesondere die Einbindung ausländischer Beteiligter eine exakte Vorbereitung. Sprachliche, notarielle und steuerliche Schnittstellen bergen Stolpersteine, die durch eine strukturierte rechtliche Begleitung vermieden werden können – nicht zuletzt, um zeitliche Verzögerungen, Mehrkosten oder Formfehler zu verhindern.
VI. STEUERLICHE REGISTRIERUNG UND LAUFENDE PFLICHTEN
Unabhängig von der gewählten Rechtsform müssen sich Unternehmen nach Gründung bei den zuständigen Finanzbehörden registrieren lassen. Die steuerliche Anmeldung erfolgt über das örtlich zuständige Finanzamt und umfasst insbesondere die Vergabe einer Steuernummer, die Einrichtung eines steuerlichen Kontos und die Anmeldung zur Mehrwertsteuerpflicht (KDV), sofern Umsätze in der Türkei erzielt werden.
Sobald die steuerliche
Erfassung erfolgt ist, gelten für das Unternehmen – auch für
Tochtergesellschaften oder Niederlassungen – laufende Pflichten: Dazu gehören
die regelmäßige Abgabe von Umsatzsteuer-, Körperschaftsteuer- und
Quellensteuererklärungen, das Führen gesetzlich vorgeschriebener
Geschäftsbücher, die Ausstellung von E-Rechnungen sowie die Einhaltung von
Meldefristen. Unternehmen, die ihrer Erklärungspflicht nicht ordnungsgemäß
nachkommen, riskieren finanzielle Sanktionen und steuerstrafrechtliche
Konsequenzen. Es empfiehlt sich daher, frühzeitig einen lokalen Steuerberater
(mali müşavir) einzubinden, der die Einhaltung der Pflichten überwacht.
VII.
VERBINDUNGSBÜRO
(IRTIBAT BÜROSU)
Für ausländische Unternehmen, die sich zunächst einen Überblick über den türkischen Markt verschaffen möchten, stellt das Verbindungsbüro (irtibat bürosu) eine regulierte, nicht unternehmerische Präsenzform dar. Es dient ausschließlich der Kontaktpflege, Informationsbeschaffung und Beobachtung – nicht aber der geschäftlichen Tätigkeit. Die Errichtung erfordert eine Genehmigung des Handelsministeriums, die zunächst befristet ist. Eine Gewinnerzielung, Angebotserstellung oder operative Vertragsabwicklung ist ausdrücklich untersagt.
Trotz seiner beschränkten Funktion bestehen konkrete rechtliche Pflichten: Das Büro unterliegt arbeitsrechtlich dem türkischen Recht, Mitarbeiter müssen korrekt angemeldet und versichert werden, und es besteht eine regelmäßige Berichtspflicht gegenüber den Behörden. Wird die zulässige Tätigkeit überschritten – etwa durch Kundenkontakte oder faktische Vertriebsarbeit – kann dies zu einer rückwirkenden steuerlichen Umqualifizierung als Betriebsstätte führen. Für strategisch denkende Unternehmen ist das Verbindungsbüro ein erster Schritt, sollte aber nicht dauerhaft als operative Lösung verstanden werden.
VIII. NIEDERLASSUNG (ŞUBE)
Nicht jedes Unternehmen, das in der Türkei aktiv werden möchte, strebt gleich die Gründung einer eigenen Kapitalgesellschaft an. In bestimmten Konstellationen – etwa bei befristeten Projekten, technischem Support oder Repräsentationszwecken – erscheint die Errichtung einer Niederlassung als pragmatische Zwischenlösung. Doch was auf den ersten Blick unkompliziert wirkt, bringt in der Umsetzung zahlreiche rechtliche Implikationen mit sich.
1. WANN EIGNET SICH EINE NIEDERLASSUNG?
Die Errichtung einer Niederlassung kann dann sinnvoll sein, wenn ein ausländisches Unternehmen vorübergehend oder mit begrenztem Umfang in der Türkei tätig wird, ohne eine vollständige lokale Gesellschaftsstruktur aufzubauen. Häufige Anwendungsfälle sind:
·
technische Begleitung bei Infrastrukturprojekten,
·
Vertriebsunterstützung oder Lagerverwaltung,
· Serviceeinheiten im After-Sales-Bereich.
In diesen Fällen bietet die Niederlassung eine Möglichkeit, in operativer Hinsicht vor Ort präsent zu sein, ohne die Gründungskosten und fortlaufenden Pflichten einer Kapitalgesellschaft tragen zu müssen.
2.
Was oft übersehen wird:
rechtliche Einbindung in das Mutterunternehmen
Aus unternehmerischer Sicht
ist besonders kritisch, dass die Niederlassung nicht als rechtlich
selbstständige Einheit gilt. Dies bedeutet:
·
Verträge, die durch die
Niederlassung abgeschlossen werden, verpflichten direkt das Mutterunternehmen,
·
sämtliche Haftungsrisiken,
auch arbeits- oder steuerrechtlicher Natur, fallen der Hauptgesellschaft zur
Last,
·
gerichtliche Verfahren gegen
die Niederlassung gelten als Verfahren gegen das ausländische Unternehmen
selbst.
Daraus ergibt sich ein
erhöhtes Risiko, insbesondere wenn die operative Steuerung aus dem Ausland
erfolgt und nicht alle lokalen Anforderungen – etwa im Arbeitsrecht –
konsequent beachtet werden.
3. ARBEITSRECHTLICHE EINORDNUNG DER NIEDERLASSUNG
Obwohl die Niederlassung keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, wird sie arbeitsrechtlich wie ein lokal ansässiger Arbeitgeber behandelt. Das bedeutet:
·
Das türkische Arbeitsgesetz gilt vollumfänglich für alle
Beschäftigten – unabhängig davon, ob sie lokal angestellt oder konzernintern
entsandt sind.
·
Arbeitsverträge sind schriftlich und in türkischer
Sprache zu führen; auch alle arbeitsrechtlichen Maßnahmen müssen formgerecht
erfolgen.
·
Die Arbeitnehmer sind in der türkischen
Sozialversicherung zu melden, mit Ausnahme klar befristeter Entsendungen mit
entsprechender Bescheinigung.
· Für Schwellenwerte im Kündigungsschutz oder im Kollektivarbeitsrecht kann die Größe des gesamten Konzerns berücksichtigt werden – nicht nur die Mitarbeiterzahl vor Ort.
Damit gehen auch Lohnabrechnungspflichten und
arbeitsgerichtliche Zuständigkeiten in der Türkei einher. Alle rechtlichen
Konsequenzen treffen direkt das Mutterunternehmen.
IX. DIE LEISTUNGEN VON VURAL & DEMIR LAW AND CONSULTING
Als international ausgerichtete Anwaltskanzlei mit Sitz in Istanbul begleitet Vural & Demir Law and Consulting ausländische Unternehmen, Investoren und Gründerinnen und Gründer bei allen rechtlichen und organisatorischen Schritten einer Geschäftstätigkeit in der Türkei. Unsere Beratung umfasst nicht nur die Auswahl der geeigneten Gesellschaftsform, sondern auch die vollständige Umsetzung aller gründungs-, steuer- und arbeitsrechtlichen Anforderungen.
Dabei stellen wir sicher, dass die Mandanten formal und inhaltlich rechtssicher auftreten können – von der Eintragung im Handelsregister bis hin zur Einhaltung laufender Berichtspflichten gegenüber Behörden und Finanzämtern. Unsere Expertise umfasst insbesondere:
· Gründung
von Kapitalgesellschaften, Niederlassungen und Verbindungsbüros,
· Gestaltung
individueller Satzungen und Gesellschaftervereinbarungen,
· steuerrechtliche
Strukturierung in Zusammenarbeit mit lokalen Steuerberatern,
· Begleitung
bei Bankkontoeröffnung, Kapitalnachweis und Notariat,
· Beratung im Arbeitsrecht sowie bei der Beschäftigung von lokalem oder entsandtem Personal,
· strategische Begleitung bei geplanten Umstrukturierungen oder Marktanpassungen.
Durch unsere Mehrsprachigkeit (Türkisch, Deutsch, Englisch) sowie unsere interkulturelle Erfahrung sind wir in der Lage, grenzüberschreitende Sachverhalte rechtlich präzise und effizient zu begleiten – insbesondere für deutschsprachige Unternehmen mit Geschäftszielen in der Türkei.
· strategische Begleitung bei geplanten Umstrukturierungen oder Marktanpassungen.
Durch unsere Mehrsprachigkeit
(Türkisch, Deutsch, Englisch) sowie unsere interkulturelle Erfahrung sind wir
in der Lage, grenzüberschreitende Sachverhalte rechtlich präzise und effizient
zu begleiten – insbesondere für deutschsprachige Unternehmen mit
Geschäftszielen in der Türkei.